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Wie kann ich Kassenpatient:innen in einer Privatpraxis abrechen?

Sarah Chwalek

Sarah Chwalek

23.6.2023
Update vom
18.10.2023

Dieser Artikel informiert über das Kostenerstattungsverfahren nach § 13.3 SGB V sowie die dafür einzureichenden Unterlagen. Zusätzlich werden Beispielformulierungen für den Antrag wiedergegeben.

Lesedauer: ca.

8

Minuten

Was ist das Kostenerstattungsverfahren?

Durch das Kostenerstattungsverfahren kann eine Person, die innerhalb der nächsten drei Monate keinen Psychotherapieplatz in der Regelversorgung findet, eine Kostenerstattung bei der eigenen gesetzlichen Krankenkasse beantragen und nach Bewilligung eine Therapie bei einem/einer privaten Psychotherapeut:in beginnen. In anderen Worten gilt nach § 13.3 SGB V: Die gesetzliche Krankenversicherung wird dazu angehalten, die Kosten für eine Behandlung in einer Privatpraxis zu übernehmen, sofern innerhalb eines zumutbaren Zeitrahmens (3 Monate) kein Therapieplatz bei einem/einer Vertragsbehandler:in angeboten werden kann.

Was wird benötigt?

Zusammenfassend sind für die Antragstellung folgende vier Unterlagen erforderlich:

● ein formelles Anschreiben.

● eine ärztliche Bescheinigung über die Notwendigkeit und Unaufschiebbarkeit einer psychotherapeutischen Behandlung.

● ein Protokoll über die vergebliche Suche nach einem/einer Kassenpsychotherapeuten:in.

● eine Bescheinigung eines/einer niedergelassenen Psychotherapeuten:in, dass die Behandlung kurzfristig (Wartezeit unter drei Monaten) übernommen werden kann.

Diese vier Aspekte werden im Folgenden kurz erläutert.

1. Das formale Anschreiben könnte folgendermaßen aussehen

Muster eines Anschreibens an die Krankenkasse:

Anschrift des Versicherten

Anschrift der Krankenkasse

Ort, Datum

Versichertennummer

   

Antrag auf ambulante Psychotherapie und Kostenerstattung nach § 13 Absatz 3 SGB V

Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit beantrage ich, dass Sie die Kosten, die mir durch die ambulante Psychotherapie bei Frau/Herrn ... entstehen, übernehmen und mir dies zusichern. Frau/Herr … ist eine approbierte Psychotherapeutin/ein approbierter Psychotherapeut in einem Richtlinienverfahren, verfügt aber nicht über eine Zulassung zur gesetzlichen Krankenversicherung. Wie Sie meinem beigelegten Protokoll entnehmen können, habe ich mich mehrfach vergeblich bemüht, einen/eine Psychotherapeut:in mit Kassenzulassung zu finden, der/die mich rechtzeitig behandeln kann. Meine Psychotherapeut:innensuche ergab, dass ich mehr als … Monate auf einen ersten Termin warten müsste. Dagegen besteht die Möglichkeit, dass ich bei Frau/Herrn … kurzfristig mit einer Behandlung beginnen könnte. Eine entsprechende Bescheinigung lege ich bei. Ich lege Ihnen des Weiteren eine Bescheinigung eines [Hausarztes/ Facharztes/Psychotherapeuten] bei, der bei mir eine ambulante Psychotherapie für dringend erforderlich hält. Falls Sie meinem Antrag nicht zustimmen, nennen Sie mir bitte – so schnell wie möglich – einen zugelassenen Psychotherapeuten in der Nähe meines Wohnortes, bei dem ich kurzfristig einen Termin erhalte.

Ich bitte Sie, meinen Antrag möglichst zügig zu bearbeiten und möchte auf die Frist des § 13 Absatz 3a SGB V hinweisen.

Mit freundlichen Grüßen

2. In dem Anschreiben ist zusätzlich eine Bescheinigung über die Notwendigkeit und Unaufschiebbarkeit der Behandlung beizufügen.

Diese kann von einem/einer Hausarzt/Hausärztin, Psychotherapeuten:in, Psychiater:in oder einem/einer anderen Facharzt/Fachärztin ausgestellt werden. Zu beachten ist, dass die gesetzlichen Krankenkassen eine ärztliche Bescheinigung bevorzugen. Wir empfehlen daher, eine Bescheinigung vom/von der Hausarzt/Hausärztin, Psychiater:in oder einem/einer anderen Facharzt/Fachärztin einzuholen. Eine zusätzliche Bescheinigung vom/von der Psychotherapeut:in ist wünschenswert. An dieser Stelle könnte beispielsweise die PTV 11 verwendet werden, welche im Anschluss an jede Sprechstunde bei einem/einer Psychotherapeut:in ausgestellt wird. Aus der PTV 11 sollte die Dringlichkeit und Unaufschiebbarkeit der Behandlung hervorgehen, z.B. aufgrund von Verdachtsdiagnosen oder gesicherten Diagnosen. Zudem kann angegeben werden, welches Verfahren der/die Psychotherapeut:in für sinnvoll erachtet. Dieser Aspekt sollte gemeinsam mit dem/der Patient:in im Detail besprochen werden.

3. Zusätzlich ist dem Antrag ein Protokoll über die vergebliche Suche nach einer/einem Psychotherapeut:in mit Kassenzulassung beizufügen.

Hierfür sind Psychotherapeut:innen in der Nähe des Wohnortes zu kontaktieren. Eine Liste der Psychotherapeut:innen mit Kassenzulassung findet man beispielsweise auf der jeweiligen Internetseite der Psychotherapeutenkammer des Bundeslandes. Seite. Als Beispiel für NRW: https://www.ptk-nrw.de/patientenschaft/psychotherapeutensuche. Insgesamt sollten drei bis fünf Psychotherapeut:innen telefonisch oder per E-Mail kontaktiert werden. Über diese Suche und Kontaktaufnahme sollte ein Protokoll geführt werden, das folgende Informationen enthält: Name des/der Psychotherapeut:in, Datum und Uhrzeit der Kontaktaufnahme sowie die Wartezeit auf einen Behandlungsplatz.

Grundsätzlich gelten Wartezeiten über drei Monate als nicht zumutbar.

4. Bescheinigung einer/eines approbierten Psychotherapeut:in einer Privatpraxis

Die letzte Bescheinigung ist von einem/einer approbierten Psychotherapeuten:in aus einer Privatpraxis einzuholen, aus der hervorgeht, dass die Behandlung kurzfristig (weniger als drei Monate Wartezeit) übernommen werden kann. Aus der Bescheinigung sollte hervorgehen, wann mit der Behandlung begonnen werden kann und ob die Fachkunde in einem "Richtlinienverfahren" vorliegt.

Abschluss:

Alle Unterlagen werden dann zusammen an die jeweilige gesetzliche Krankenkasse geschickt. Um sicherzugehen, dass die Unterlagen auch ankommen, empfehlen wir den Versand per Einschreiben.

Exkurs: Richtlinienverfahren

Richtlinienverfahren sind alle Psychotherapierichtungen, welche wissenschaftlich anerkannt sind und von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden.

Hierzu zählen aktuell:

● die Verhaltenstherapie,

● die Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie,

● die Analytische Psychotherapie,

● die Systemische Therapie bei Erwachsenen und

● die Neuropsychologische Therapie bei Gehirnverletzungen.

Was, wenn die Kasse ablehnt?

Wenn die Krankenkasse den Antrag ablehnt, ohne dem/der Versicherten eine Alternative bei einem/einer Psychotherapeut:in mit Kassensitz anbieten zu können, darf eine Beschwerde eingereicht werden. Das Schreiben könnte folgendermaßen aussehen:

Anschrift des Versicherten

Anschrift der Krankenkasse

Ort, Datum

Versichertennummer:

Widerspruch gegen ihr Schreiben vom …

Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit lege ich Widerspruch gegen Ihr Schreiben vom [Datum einfügen] ein, mit dem Sie es ablehnen, die Kosten, die mir durch die ambulante Psychotherapie bei Frau/Herrn … entstehen, zu übernehmen. Meinem Antrag lagen die erforderlichen Unterlagen bei, aus denen hervorging, dass die Anspruchsvoraussetzungen vorliegen. Ich bitte Sie deshalb erneut, meinen Antrag zu genehmigen. Sollten Sie dem Antrag nicht stattgeben, werde ich meinen Anspruch gerichtlich durchsetzen und die Aufsichtsbehörde sowie den Patientenbeauftragten der Bundesregierung informieren.

Mit freundlichen Grüßen

Unser Fazit

Es ist nicht unmöglich, als Kassenpatient:in eine Psychotherapie bei einem/einer privaten Psychotherapeuten:in zu beginnen. Für den Antrag an die jeweilige Krankenkasse müssen insgesamt vier Unterlagen eingereicht werden: ein formelles Anschreiben; eine Bescheinigung, dass die psychotherapeutische Behandlung notwendig und unaufschiebbar ist; ein Protokoll über die vergebliche Suche nach einem/einer Psychotherapeuten:in mit Kassenzulassung; eine Bescheinigung eines/einer zugelassenen Psychotherapeuten:in in einer Privatpraxis, dass die Behandlung kurzfristig übernommen werden kann. Auf jeden dieser Aspekte wurde in diesem Artikel ausführlich eingegangen.

   

Autor:in

Sarah Chwalek

Sarah Chwalek ist psychologische Psychotherapeutin. Ihr Zuständigkeitsbereich innerhalb der Praxis ist die Leitung der Coaching- und Workshop-Angebote. Ihre Mission: Menschen dabei zu unterstützen, sich selbst, die eigenen Emotionen sowie individuelle Glaubenssätze besser kennenzulernen. Ziele Ihrer Arbeit sind: Die eigene Persönlichkeit zu entfalten sowie sich selbst / andere motivierend und zielführend leiten zu lernen. Gleichzeitig werden durch ihre Angebote persönliche Ressourcen ausgebaut, Stresskompetenzen (u. a. Burnout-, Depressions-Prävention) gefördert und Beziehungen zu Mitmenschen gestärkt.

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Psychologisch-medizinisch überprüft durch:

Prof. Dr. Peter Neudeck

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