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Als Kassenpatient:in in die Privatpraxis - Wie gelingt die Kostenerstattung?

Verena Thier

Verena Thier

10.9.2025
, Update vom
10.9.2025

In unserem ersten Fachbeitrag zum Thema Kostenerstattung haben wir bereits aufgeklärt und Formulierungshilfen zur Antragsstellung zur Verfügung gestellt. In diesem Beitrag widmen wir uns Möglichkeiten, wie die Wahrscheinlichkeit der Kostenübernahme einer Psychotherapie in der Privatpraxis erhöht werden kann.

Lesedauer: ca.

5

Minuten

Was ist das Kostenerstattungsprinzip? 

Gesetzlich Versicherte haben Anspruch auf eine zeitnahe und angemessene psychotherapeutische Versorgung. Wenn diese nicht innerhalb eines zumutbaren Zeitraums bei zugelassenen Vertragspsychotherapeut:innen sichergestellt werden kann, gilt dies als unzureichende Versorgung. In solchen Fällen besteht unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, eine Psychotherapie in einer Privatpraxis durch die gesetzliche Krankenkasse finanzieren zu lassen – sofern vorab ein entsprechender Antrag gestellt wird. Für Psychotherapeut:innen in Privatpraxen eröffnet dieses Verfahren also die Möglichkeit, gesetzlich Versicherte zu behandeln. Die rechtliche Grundlage bietet §13 Abs. 3 SGB V. 

Herausforderungen der Kostenerstattung

Einheitliche und verbindliche Regelungen zur Kostenerstattung existieren bislang nicht. Jede gesetzliche Krankenkasse legt eigene Kriterien fest – sowohl für die Kostenübernahme als auch für die einzureichenden Unterlagen. Für Psychotherapeut:innen und Patient:innen bedeutet das oft zusätzliche Unsicherheit und Aufwand. Umso wichtiger ist es, dass Patient:innen frühzeitig und schriftlich bei ihrer Krankenkasse erfragen, welche Nachweise konkret erforderlich sind. So lassen sich Missverständnisse vermeiden und die Erfolgsaussichten des Antrags deutlich erhöhen.

Welche Dokumente sollte ein Antrag beinhalten?

Nach unserer Erfahrung aus der Praxis erhöht sich die Wahrscheinlichkeit auf die Bewilligung eines Antrags enorm, wenn ihm folgende Unterlagen beiliegen: 

  • Ein Absageprotokoll über mindestens 10 Absagen durch Vertragspsychotherapeut:innen, in deren Praxis die Behandlung nicht zeitnah durchgeführt werden kann. Hierbei muss nachgewiesen werden, dass der/die Patient:in sich um einen Therapieplatz angemessen bemüht hat. Jegliche Kontaktversuche und Absagen sollten daher dokumentiert werden. 
  • Ein PTV-11 Formular eines/r Vertragspsychotherapeut:in (wird in der psychotherapeutischen Sprechstunde ausgestellt). Dieses Formular sollte möglichst nicht älter als 3 Monate sein und folgende Punkte beinhalten: 
    • Eine (Verdachts-)Diagnose
    • die Empfehlung einer ambulanten Psychotherapie im entsprechenden Richtlinienverfahren (z. B. Kognitive Verhaltenstherapie)
    • der Hinweis, dass die Behandlung zeitnah erforderlich ist und nicht in der Praxis durchgeführt werden kann, durch die das PTV-11 ausgestellt wird
    • ein Dringlichkeitscode, bestehend aus Zahlen und Buchstaben nach dem Schema xxxx-xxxx-xxxx
  • Nach Erhalt des Dringlichkeitscode ist vorgesehen, dass über die Termin-Service-Stelle (TSS) probatorische Sitzungen in einer Kassenpraxis vereinbart werden. Ein Kostenerstattungsverfahren wird nur dann bewilligt, wenn an dieser Stelle keine Kapazitäten zur Durchführung der Psychotherapie in einer Kassenpraxis bestehen. Daher sollten mindestens vier erfolglose Versuche, probatorische Sitzungen über die TSS zu erhalten, dokumentiert und dem Antrag beigelegt werden. Dies kann zum Beispiel so aussehen:
    • 1. Versuch: 2. September 13:44 Uhr 
    • 2. Versuch: 3. September 09:22 Uhr
    • 3. Versuch: 5. September 10:09 Uhr
    • 4. Versuch: 6. September 16:32 Uhr

Falls ein:e Mitarbeiter:in der TSS erreicht wird, wird der Dringlichkeitscode durch diese:n aktiviert und zur Suche nach probatorischen Sitzungen genutzt. Falls diese im Gespräch mit der TSS aufgrund der bestehenden Versorgungslücke nicht angeboten werden können, ist dies wie oben beschrieben zu dokumentieren. 

  • einen Konsiliarbericht, der in der hausärztlichen Praxis eingeholt werden kann sowie eine Bescheinigung des Hausarztes bzw. der Hausärztin über die Dringlichkeit der Psychotherapie
  • der Antrag auf die Kostenübernahme. Eine Vorlage für ein solches Anschreiben finden Sie hier
  • eine Bescheinigung der Privatpraxis, dass die Behandlung zeitnah durchgeführt werden kann sowie einen Kostenvoranschlag bzgl. der Behandlung

Weitere Unterstützungsmöglichkeiten

Es wird deutlich: Ein Kostenerstattungsverfahren kann mit einigem bürokratischen Aufwand verbunden sein. Mittlerweile gibt es verschiedene Online-Dienstleister, an die die Beantragung vollständig ausgelagert werden und/oder mit deren Unterstützung ein Widerspruch der Krankenkasse angefochten werden kann. Psychotherapeut:in und Patient:in werden so entlastet und können ihre Kapazitäten nutzen, um sich um das tatsächlich Wesentliche zu kümmern: Die Therapieinhalte. 

Fazit

Das Kostenerstattungsverfahren ist kein Selbstläufer – aber eine wichtige Chance, Versorgungslücken zu überbrücken und Patient:innen zeitnah eine Therapie zu ermöglichen. Je besser der Antrag vorbereitet und dokumentiert ist, desto höher sind die Erfolgschancen. Für Therapeut:innen in Privatpraxen kann dieses Verfahren eine sinnvolle Ergänzung zur Versorgung darstellen – vorausgesetzt, sie kennen die Voraussetzungen. Auch wenn bürokratische Hürden bestehen: Mit dem richtigen Wissen, strukturierten Unterlagen und gegebenenfalls Unterstützung über externe Dienstleister kann der Zugang zur Psychotherapie für gesetzlich Versicherte deutlich erleichtert werden.

Autor:in

Verena Thier

Psychologische Psychotherapeutin

Verenas Mission: Räume zu schaffen, in denen Menschen ihren Bedürfnissen, Wünschen, Ängsten und Glaubenssätzen achtsam begegnen dürfen. Ziele ihrer Arbeit sind: mehr Selbstverständnis zu entwickeln, ein authentisches Leben im Einklang mit sich selbst zu führen und neue Formen von Nähe und Verbindung zu ermöglichen.

Wissenschaftlich fundiert

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Verena Thier

Psychologische Psychotherapeutin

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